Die Schweiz nimmt am Eurovision Song Contest 2019 in Israel teil. Die Live-Show wird es jedoch nicht mehr geben. Dagegen setzt SRF auf ein mehrstufiges Verfahren, bei dem eine internationale Fachjury und eine 100-köpfige Publikumsjury den Schweizer Song aussuchen.
Die gute News des Tages: Die Schweiz nimmt auch am 64. Eurovision Song Contest in Israel teil. Es ist die 60. Teilnahme der Schweiz und damit ein Grund zum Feiern. Weniger zum Feiern Anlass gibt die Nachricht, dass SRF in diesem Jahr auf eine Live-Show verzichtet. In der Medienmitteilung von SRF werden Spargründe angegeben. Die Abstimmung zur No-Billag-Initiative hinterlässt also ihre Spuren, man will damit ein Zeichen setzen. Wieviel man damit einspart, werden wir noch versuchen bei SRF in Erfahrung zu bringen. Verlieren wird man auf jeden Fall die öffentliche Wahrnehmung des Eurovision Song Contest und damit gewinnt der grösste Song-Wettbewerb der Welt an Bedeutungsarmut in der Schweiz.
Neues Auswahlverfahren
Neu ist für 2019 entsprechend das Auswahlverfahren. Ähnlich wie in Deutschland setzt man auf ein 100-köpfiges Zuschauerpanel, das den Schweizer Geschmack repräsentieren soll. Dieses hat einen Stimmanteil von 50%. Die restlichen 50% kommen von einer 20-köpfigen internationalen Fachjury, die den unabhängigen Musikgeschmack verschiedener Länder repräsentieren sollen. Damit wird auch klar, dass «International» und «Fachjury» höher gewichtet werden. Und auch SRF respektive die anderen Schweizer TV-Anstalten dürfen eingreifen. Insgesamt 9 Wildcards dürfen sie ausspielen, um Favoriten weiterzunehmen. In welchen Stufen und in welchem Timing die Selektion 2019 abläuft, ist nicht kommuniziert worden. Siegersong und Künstler wird SRF zu einem «späteren Zeitpunkt» veröffentlichen.
Gesucht wird: ein emotionaler Aufhänger
Spannend ist ein vertiefter Blick ins Reglement. Vor allem Ziffer 13 lässt uns vermuten, wohin die Reise geht:
Bei Eurovision Song Contest geht es u.a. auch darum durch das Aufgreifen von bestimmten Themen die Gefühle der Zuschauer und Juroren zu wecken. Wir ermutigen daher Komponisten und Autoren auch Songs einzureichen, die Themen zum aktuellen Zeitgeschehen aufgreifen oder durch Ihren Inhalt eine emotionale Reaktion oder Wiedererkennung beim ESC Zuschauer hervorrufen. Beispiele: Netta von Israel griff in Ihrem Song «Toy» die Me-Too Debatte auf. Michael Schulte verarbeitete in seinem Lied «You Never Let Me Walk Alone» den Tod seines Vaters.
Eigentlich hätte der Song «Stones» von ZIBBZ genau einen solchen Aufhänger gehabt. Leider hat man das viel zu wenig inszeniert. Wohl auch dem Umstand geschuldet, dass man keinen Videoscreen im Hintergrund hatte. Sicher ein spannender Ansatz, um im Vorfeld des ESC mehr Publicity zu haben. Viel wichtiger scheint uns aber, das Adjektiv der Ziffer 1 des Reglements anzuschauen und als Leitmotto zu nehmen: Es soll ein Song gefunden werden, der auffällt. Ob das mit einer 100-köpfigen Jury gelingen kann oder doch wieder zu sehr ein Kompromiss rausschaut? Israel hat es vorgemacht und auf ein individuelles, eigenständiges Werk gesetzt. Vielleicht wäre ein Gegacker 2.0 DER Ansatz?
Bild: douzepoints.ch
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