Was hätte wohl Gjon’s tears auf der Bühne in Rotterdam getragen? Wer hätte das Prädikat «Sexiest Outfit» erhalten? Und an wen wäre wohl in diesem Jahr der Barbara Dex Award gegangen? Diese Fragen bleiben für immer unbeantwortet. Aber: Wir haben uns trotzdem mal rund um die Eurovision-Garderobe 2020 umgesehen.
41 Akts wären am Eurovision Song Contest 2020 in Rotterdam im Mai gegeneinander angetreten. Dabei zählen nicht nur musikalische Höchstleistungen. Auch Outfits spielen eine grosse Rolle. Man denke sich nur einmal den Auftritt von Conchita ohne ihr atemberaubendes goldenes Samtkleid aus. Was wir mit den Bühnen-Outfits verpasst haben, bleibt für immer Geschichte. Trotzdem haben wir unser besonderes Augenmerk dem Kleiderstil der 41 Artistinnen und Artisten in den offiziellen Musikvideos gemäss Playlist von eurovision.tv geschenkt. Das hat ganz schön viel Stil. 6 verschiedene Styles prägten die diesjährige ESC-Mode. Catwalk auf:
Die Street-Boys
Es schaut aus wie eine Wolldecke. Im Video gibt es aber auch Bomber-Jacken und dicke Ketten umgehängt. So muss er wohl sein, der Stil der sogenannten Street-Boys. Benny Cristo aus Tschechien ist Vertreter dieser Kategorie. Dass später im Video auch noch die Hüllen fallen und ein perfekt trainierter Oberkörper zum Vorschein kommt, ist nicht verwunderlich.
Auch der Österreicher Vincent Bueno verkörpert diesen Stil. Beim 34-Jährigen fallen vor allem die hohen Baskets auf. Bei ihm fehlen Kettchen und übergrösse Jäckchen ebenso wenig. Es passt zum exotischen Typ Bueno …
Die Rebell-Girls
Wir hätten die Kategorie ja noch gerne mit dem Adjektiv «sexy» ergänzt. Aber das könnte falsch verstanden werden, obwohl wir das wertschätzend meinen im Sinne von: sehr attraktiv. Nun, da sind sie also die Power-Frauen, die einiges zu sagen haben und nicht mit Reizen geizen. Hohe Absätze, knappe Schnitte und auch mal durchsichtige Stoffe. Die Outfits passen perfekt zur auffallenden Musik. In Stil-Kategorie sehen wir zum Beispiel Athena Manoukian aus Armenien (siehe Video), die alle Fesseln sprengt. Oder Efendi alias Cleopatra aus Aserbaidschan. Wie ein Sturm im Auge ist auch Hurricane aus Serbien. Und nicht zuletzt Go_A aus der Ukraine.
Gewinnerin in dieser Kategorie ist jedoch klar Samanta Tina. Ob im strengen Schwarzen, mit Sommer-Plexi-Hut oder in einer Frauenrunde in verführerischer Unterwäsche – sie zündet ein Feuerwerk des guten Stils. Die Lettin hätte wohl alle Männer und übrigen Frauen gekonnt an die Wand gespielt. Für uns ist der Fall klar: eine Stil-Ikone.
Die Normalos
Es war damals Måns Zelmerlöw, der durch völliges Understatement auffiel. Wohl war seine Devise: Wer so einen guten Song im Gepäck hat, braucht keinen Platz mehr für Klamotten in ebendiesem. Auch in diesem Eurovision-Jahr gibt es Künstlerinnen und Künstler, die sich nicht durch Exklusivität bei ihrem Outfit auszeichnen. Wohlverstanden: Was durchaus völlig ok ist. Schlicht ist nämlich auch schön. Beispiele gefällig? Wie wäre es mit Ben & Tan? Wir meinen YES! Ein Jeans-Hemd und eine knallenge Hose – viel mehr braucht auch Uku Suviste aus Estland nicht. Auch Vasil aus Nord-Mazedonien kleidet sich mit einem Rollkragen-Shirt und schlichten Stoffhosen ganz basic.
Ebenfalls finden wir Sandro aus Zypern ganz toll. Ein schwarzes T-Shirt und das Outfit sitzt.
Die Ausgeflippten
Nach den Braven kommen wir zur Kategorie der Ausgeflippten. Die Combo aus Russland macht in diesem Jahr den kleinen grossen Unterschied, auch beim Outfit. Little Big ist ganz schön schräg. Und so ist es auch ihre Mode. Es dominieren Schlaghosen, die so ganz elegant zu den Takten der Musik mitwippen. Ein Augenschmauss!
Es könnte auch ein Clown aus dem Film ES sein. Oder die eurovisionelle Wiederauferstehung unserer Sängerin Rykka. Auf jeden Fall fällt die Australierin Montaigne auf – nicht nur ihres Songs wegen. Wir sehen definitiv blau für dieses Outfit …
Elegante Roben
Sie dürfen nicht fehlen, die ganz Eleganten. Zu ihnen gehören zum Beispiel Portugals Elisa gekleidet in eine schöne Robe in Rottönen. Bestimmt hätte auch das Power-Girl Destiny aus Malta ein ausdrucksstarkes Outfit auf der Bühne getragen, natürlich passend zu ihrer kräftigen Stimme. Überhaupt scheinen Frauen mit einem klassischen Stil in diesem Jahr zu überzeugen. Davon zeugen auch Alicja aus Polen oder die 3 Mamas aus Schweden. Unglaublich schön und noch schlichter als bei Ana Soklič aus Slowenien geht es fast nicht mehr.
Wer sagt aber, nur Frauen seien in der Kategorie elegant? Bestes Gegenbeispiel ist Blas Cantó, der uns in seinem Video einen Reigen an wunderschönen Anzügen vorführt. Alle körperbetont geschnitten. Und ja, sie stehen ihm wirklich gut. Elegante Männer macht das Universo glücklich!
Die Klima-Jünger (oder schlabber-chlotz)
Wir sind uns etwas unsicher, ob wir die letzte Kategorie wirklich als Stil bezeichnen wollen. Es ist völlig okay, dass die jungen Wilden heute ihre eigene Kleidung haben. Ob rezykliert oder eben dieses Outfit neu gekauft, beides schaut in etwa gleich aus. Die Lumpen zeichnen sich aus durch grosse Schlabbrigkeit und chlotzige Schuhe. So in etwa unser eigener Vertreter Gjon’s tears. Pourquoi ce outfit? Nein, diese chlobigen Schuhe, worin weisse Socken stecken, überzeugen uns nicht (wohl aber der Song). Auch Deutschland mit Ben Dolic kann hier mithalten. Und auch Litauen’s The Roop passen in die gemütliche Runde. Ob diese Art von Mode im kommenden Jahr noch in ist?
Zum Schluss kommen wir aber zum absoluten Gewinner. Nicht nur der Kategorie Klima-Jugend. Und doch passen sie hervorragend dazu. Aber vielmehr: Es ist ein eigentlicher Corporate Look. Es zieht sich einfach alles durch wie ein grüner Faden bei Daði og Gagnamagnið. Und es passt eben auch in die heutige Zeit, wo Nachhaltigkeit einen festen Platz hat. Mehr als die Schlabber-Trainer mit den einprägsamen Konterfeis drauf braucht es einfach nicht. Und es passt zum Song. Und zu den Charakteren. Wir können uns also kaum mehr erholen ab der isländischen Überzeugungskraft. Deshalb gehen auch die douze points für den besten Stil eindeutig ganz in den Norden von Europa. Til hamingju!