Lange erwartet und nun endlich da: der neue Selektionsprozess für den Schweizer Beitrag beim Eurovision Song Contest. Reto Peritz hat für 2017 ein 3-stufiges Verfahren geschaffen, dass für alle Landesteile gleich gilt. Im Finale, nach wie vor eine nationale Liveshow, wird nur noch das breite Publikum entscheiden, wer die Schweiz am ESC vertreten wird. Die Live-Show wird jedoch degradiert und an einem Sonntagabend ausgestrahlt. douzepoints.ch stellt euch die wichtigsten Neuerungen im Selektionsprozess vor.
Nach dem Debakel von Rykka am Eurovision Song Contest 2016 in Stockholm fielen alle Eurovision-Hoffnungen einem Mann zu: Reto Peritz, dem Head of Delegation für die Schweiz. Man erwartete von ihm Reformen zum Selektionsprozess. Einfacher sollte es werden. Und transparenter. Tatsächlich: Er liefert nun Reformen. Wie er gegenüber douzepoints.ch im Frühling 2016 sagte, hat er mehrere Gespräche mit anderen Delegationen geführt. Das Ergebnis seiner Gespräche und Überlegungen ist nun in Form des neuen Reglements vorliegend. Gemäss dem neuen Reglement gibt es 3 Stufen im Selektionsprozess von SRF, RTS, RSI und RTR.
Selektion in 3 Stufen
Gleich vorweg: Es besteht nun Harmonie in den Abläufen in den verschiedenen Landesteilen. Die Songs aller Sprachregionen durchlaufen den gleichen Prozess. Damit wird es viel einfacher, die Übersicht zu behalten und Songs werden nicht mehr gleich 3 Mal in allen Landesteilen eingereicht. Auch gibt es keine eigentliche Quotenregelung mehr für das Weiterkommen von Interpreten. Das sind die 3 Stufen der neuen Selektion:
- Stufe Internetplattform: Vom 26. September bis 24. Oktober 2016 reichen die Interpreten ihren Song auf einer Internetplattform ein. Die Bewerbungen müssen zwingend einen Schweizer Bezug haben (Interpret, Komponist oder Texter müssen einen Schweizer Pass besitzen oder in der Schweiz wohnhaft sein). Die Songs werden nicht veröffentlicht. Eine rund 20-köpfige Jury (Anteil Deutschschweiz und Rätoromanisch 68 %, Romandie 23 %, Tessin 9 %, Produzenten, Personen aus der Musikindustrie, Musiker, Journalisten) bewertet die Songs vom 31. Oktober bis 14. November 2016 und entscheidet, welche 20 Interpreten zur Stufe 2 zugelassen ist.
- Stufe «Live-Check»: Die gleiche Jury bewertet am 4. Dezember 2016 Live-Kompetenz, gesangliche Qualität sowie Bühnenpräsenz der Interpreten an einem Live-Check. 6 bis 10 Interpreten qualifizieren sich für Stufe 3.
- Stufe nationale Live-Show: Die 6 bis 10 Interpreten präsentieren in der Live-Show vom Sonntag, 5. Februar 2017 auf SRF 2 ihren Song. Der Sieger und damit Vertreter der Schweiz wird mittels Publikums-Televoting ermittelt.
Das sind die Neuerungen
Das sind die wichtigsten Änderungen im Selektionsprozess:
- Für alle Landesteile gilt der gleiche Selektionsprozess mit 3 Stufen. Jedoch ist die Sprachregionen-Quote (bisher 3 D-CH, 2 F-CH und 1 I-CH) aufgehoben. Nur die Vertretung in der Jury ist über eine Quote geregelt.
- Die Bewerbungen müssen einen Schweizer Bezug haben: Interpret, Komponist oder Texter (mindestens eine Person) müssen einen Schweizer Pass besitzen oder in der Schweiz wohnhaft sein.
- Die eingegebenen Songs sind nicht mehr einsehbar, es findet kein Voting durch das Publikum auf der Internetplattform statt. Diese dient nur zum Einreichen der Songs.
- Die Live-Show wird degradiert: Sie findet an einem Sonntagabend statt und wird auf SRF 2 statt wie bisher auf SRF 1 ausgestrahlt. Voraussichtlich nehmen 8 Interpreten teil (Reglement: 6 bis 10).
- Einzig das Publikum entscheidet am Schluss, wer die Schweiz am Eurovision Song Contest 2017 in der Ukraine vertritt.
Einfacher, nicht transparenter und ein geringerer Stellenwert
Wirklich gut, ist die neue Leichtigkeit dieses Selektionsverfahrens. In allen Landesteilen gelten die gleichen Spielregeln. Die unsinnige Quote ist ebenfalls abgeschafft – hat sie doch verhindert, dass gute Songs aufgrund der Beschränkung der Anzahl Songs in den Landesteilen nicht weiterkamen. Und mit der neuen Regelung ist auch ein Schweizer Bezug sichergestellt. Damit lässt sich der Unmut im Ausland, beim Schweizer Selektionsprozess zwar einreichen zu können, aber nicht zum Zug zu kommen, beseitigen. Viele haben sich mehr Transparenz gewünscht. Diese wird per se nicht erhöht. Nach wie vor bleiben die Ergebnisse der Stufen Internetplattform und Live-Check im Dunkeln. Aber das ist in vielen Ländern nicht anders und es wird wohl nie ein gerechtes Verfahren geben. Sehr sehr schade ist jedoch, dass die nationale Live-Show (und damit die Bedeutung des Song Contest in der Schweiz) nochmals runtergeschraubt wird. Vom Samstag und SRF 1 wird die Show auf einen Sonntag und auf SRF 2 verlegt. Damit kommt leider zum Ausdruck, was das Schicksal des ESC in der Schweiz ist: Bedeutungslosigkeit. Allerdings wird diese Degradierung kaum helfen, dass der Stellenwert erhöht wird. Es ist wohl eine Geschichte mit dem Huhn und dem Ei. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Angesichts des neuen Auswahlverfahrens kommen wir vielleicht zu besseren Songs, dadurch zu besseren Platzierungen und damit wieder zu mehr Wohlwollen. Wir hoffen es und gratulieren Reto Peritz für den ersten Grundstein in eine erfolgreiche Eurovision-Zukunft der Schweiz.
Bild: Composing von douzepoints.ch
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