Auf den ersten Blick sind Kaceo Chaos pur auf der Bühne … wildes Tanzen, springen, Spass im Kopf. Wenn man aber die 5 Jungs hinter Kaceo kennenlernt, merkt man schnell: ihre Show ist wohl überlegt und hat eine Aussage. Mit «Disque d’or» sind sie die eigentlich einzigen Vertreter der Romandie in der Entscheidungsshow vom 13. Februar 2016. douzepoints.ch hat 4 der 5 Band-Mitglieder kennengelernt: Nicolas (Gesang), Florian (Schlagzeug), Karim (Akkordeon) und Luis (Gitarre). Eine kleine Bar in Genf und ein grossartiger Moment für uns.
Glückwunsch! Kaceo ist in der Entscheidungsshow für den Eurovision Song Contest 2016. Wie fühlt ihr euch?
Florian: Ich glaube man kann sagen, dass wir emotionell Achterbahn gefahren sind.
Nicolas: Ja, der «emotional roller coaster» für Kaceo.
Kaceo mit «Disque d’or» beim Experten-Check am 6. Dezember 2015 in Zürich
In der Tat, ihr habt von der Disqualifikation von Stéphanie Palazzo profitiert. Wie war das für euch?
Nicolas: Wir waren zuerst sehr darüber erstaunt, dass man uns nach Zürich eingeladen hat. Dann waren wir nicht qualifiziert. Wir waren schon etwas … wie sagt man …
Luis: Wir sagten uns: «Es ist halt so, man wollte uns nicht».
Nicolas: Es ist eine seltsame Emotion. Wir wurden dann doch gewählt, aber weil jemand disqualifiziert wurde. Die Reaktion war bei allen gleich: «Oh? Ok …». Es war eine Überraschung, aber keine Freude. Angesichts der Umstände einfach eine weitere Information. Eine sehr überraschende Information.
Mit welchem Geisteszustand fährt ihr nach Kreuzlingen?
Luis: Spass, Spass und nochmals Spass! Bis jetzt haben wir jede Menge Spass. Ob bei den Proben in Zürich während der Choreographie oder dem Gesangs-Coaching. Mir machte das sehr Spass und ich denke den andern auch.
Karim: Zum ersten Mal lernten wir tanzen!
Florian: Selbst ich am Schlagzeug tanzte!
Alle: Merci Rafael (Anm. d. Red.: Choreograph von SRF)! Und Entschuldigung! (lachen)
Welche 3 Dinge müssen wir über Kaceo wissen?
Karim: Es ist alles und nichts auf der Bühne. Und so wird es immer sein.
Nicolas: Ja, wir erfinden uns immer wieder neu auf der Bühne. Von einem Konzert zum nächsten, auch wenn nur ein Monat dazwischen liegt, kann alles ganz anders sein: die Inszenierung, unser Unsinn, die Kleidung – alles hängt von unserer Stimmung ab. Die Änderungen sind unsere Konstante, das ist die erste Sache, die man über uns wissen muss. Dann: Trotz dem Eindruck, den wir machen, haben unsere Lieder etwas Ernstes, eine zentrale Botschaft. Und die Technik hinter der Musik ist uns auch wichtig. Dritter Punkt?
Florian: Unser Zusammenhalt. Wir kennen uns noch nicht so lange. Wir streiten und das ist für uns ganz normal. Wir finden dadurch immer wieder Lösungen, können diskutieren und Neues anpacken.
Nicolas: Wir reden viel miteinander. Es vergeht keine Woche, in der wir uns nicht treffen.
Luis: Wir arbeiten. Wir kommen lustig rüber, aber es steckt viel Arbeit dahinter.
Wann und wo habt ihr euch getroffen? Was sind eure wichtigsten Etappen?
Karim: Wir haben einen gemeinsamen Freund, der uns einander bekannt machte. Er heisst Julien Busset, oder einfach «Bubu». Er ist unser Fotograf.
Nicolas: Wir sind uns in der Regel abends in Bars begegnet, wo wir mit Julien hingingen. Wir redeten zusammen, scherzten, sahen uns zusammen Konzerte an und plötzlich begannen wir mit unserem Projekt. Am Anfang vor 2 Jahren waren wir zu dritt. Dann ein Quartett. Und schliesslich ein Quintett mit Schlagzeug, Bass, Gitarre und Akkordeon. Auf diese Weise entwickeln wir uns seit 2 Jahren.
Wie definiert man den Stil von Kaceo?
Nicolas: Am Anfang war es eher Schlager. Das entwickelte sich mehr in Richtung Rock. Unser letztes Album, das im September rauskam und auf dem auch «Disque d’or» drauf ist, hat auch eher einen Hauch von Rock.
Wer inspiriert euch musikalisch?
Nicolas: Achtung, Florian wird einen Namen sagen, den niemand kennt …
Florian: Jaaaaa … Ich sage oft Trilok Gurtu. Ein indischer Schlagzeuger, der unglaublich ist. Aber er spielt Schlagzeug und hat mit Kaceo nicht viel zu tun. Ich habe ihn am Paleo gesehen und er ist beeindruckend.
Nicolas: Wir haben verschiedene Musikrichtungen, die uns beeinflussen.
Karim: Nicolas und ich haben einen Künstler gemeinsam: Ogres de Barback. Wir sahen sie an einem Konzert. Das ist meine Referenz.
Nicolas: Auf unseren Konzerten, die wir gemeinsam sahen, und die wir total genial fanden gab es la Kanaille und Johnny Montreuil.
Luis: Ich komme aus dem Metall-Universum. Ich werde akkustischer mit dem Alter. Aber im Herzen bleibe ich ein Metall-Rocker.
Mit wem möchtet ihr gerne einmal etwas gemeinsam machen?
Nicolas: Wir sollten uns alle 5 mal einig sein. Zum Glück ist Quentin nicht da …
Luis: Die Ogres, nicht?
Karim: Trilok Gurtu? (lacht)
Florian: Stéphanie Palazzo! Mit ihr möchten wir gerne etwas machen.
Karim: Wenn wir gewinnen, machen wir ein Duo mit ihr. Dank ihr sind wir da.
Nicolas: Das wäre schön!
Wie entstand euer Song «Disque d’or»?
Nicolas: Wir schrieben ihn auf einer Reise mit Bubu in Bolivien. Wir waren sehr «zen» und ernährten uns von Wurzeln im Dschungel (lacht). Auf unserer Reise gingen wir in die Stadt Cochabamba. An einem Montagabend in einem verlassenen Café tranken wir etwas und wir stiessen plötzlich auf die MTV-Fernsehsendung «spécial girls» mit 3 besonders ekelhaften und sehr expliziten Clips. Es war ein Kontrast zwischen der ruhigen Stimmung, die wir hatten, und jenen Bildern. An diesem Abend schrieb ich die ersten Zeilen von «Disque d’or».
Was bedeutet er euch? Und welche Botschaft hat «Disque d’or»?
Nicolas: Wir wollten explizit zum Thema machen, was man heute implizit zeigen darf. MTV zeigt uns in der TV-Show eine Simulation eines sexuellen Akts, aber bei den Amerikanern ist das Wort «fuck» zensuriert. Es ist eine Art puritanische Schizophrenie. Es ist besonders bösartig, weil diese Sängerinnen im Disney-Stil rüberkommen. Das vermischt die Genres. Junge Mädchen wachsen mit diesen Vorbildern auf und Hypersexualität wird für sie zur Normalität. Darüber wollen wir singen. Aber nicht die Mädchen anklagen. Es ist mehr eine Beobachtung der Musikindustrie, die diese Entscheidungen trifft. Aber es braucht auch den Konsumenten, der das akzeptiert und nachfragt. Das Lied will parodieren. Zwischen den Zeilen ist es aber auch eine Anklage des Konsumenten.
Was würdet ihr tun, um eine goldene Schallplatte zu erhalten?
Nicolas: Ich glaube … nichts. Es ist nur eine Zahl.
Florian: Was interessant für uns ist, sind Live-Konzerte. Darauf haben wir Lust. Auf Abenteuer im Leben. Wir suchen nicht das fertige Produkt sondern den Weg, der uns dorthin führt.
Karim: Wir sind heute unabhängig und wir brauchen keine Plattenfirma. Wir versuchen soweit zu kommen, wie man uns als Unabhängige erlaubt, zu kommen.
Florian: Alle Menschen suchen eine Art Anerkennung. Eine goldene Schallplatte ist auch eine Anerkennung für eine Anzahl von Verkäufen. Wir suchen mehr die Anerkennung durch Abenteuer, wo die Menschen tanzen und feiern. Und wir feiern mit ihnen.
Nicolas: Ich bevorzuge klar 1000 Personen in einem Saal als 1000 verkaufte CDs.
Was macht ihr, wenn ihr keine Musik macht?
Nicolas: Ich spiele im Theater.
Florian: Ich bin Fachlehrer für Kinder von 4 bis 5 Jahren mit speziellen Bedürfnissen.
Karim: Ich bin Ingenieur ***** und Fan von Sportarten wie Surfen, Snowboarden oder Skifahren.
Luis: Ich spiele in Filmen für Erwachsene …
Alle: lachen
Ihr gebt eine Dinner-Party für Freunde: Unter welchem Motto steht diese, was gibt es zu Essen und was für Musik läuft?
Nicolas: Es besteht das Risiko, dass wir alle anders antworten.
Luis: Das Thema … Einhorn?
Nicolas: Es bräuchte zwei Dinge: das Einhorn und eine unwahrscheinliche Sache. Einhorn und Lasagne. Das ist es! Ich wäre für vegetarische Lasagne.
Karim: Ich auch, vegetarische Bio-Lasagne.
Karim: Und als Musik eine Drehorgel mit russischer Musik.
Nicolas: Ich würde schauen, ob ******* verfügbar ist. Wenn wir das Budget dafür haben …
Florian: Luis mag Chantal Goya …
Luis: Ich mag alles. Alex la Teuf ist auch gut.
Nicolas: Also gibt es 4 Räume mit 4 Stilrichtungen. Drehorgel beim Schwimmbad, DJ la Teuf in der Küche, ****** im Dachstock und indisches Schlagzeug im Esszimmer.
Ich gebe euch nun immer zwei Begriffe und ihr müsst einen wählen: Genf oder die Normandie?
Florian: Ich würde gerne in die Normandie gehen und 2 bis 3 Bars sehen.
Karim: Ich kenne die ganze Familie von Nicolas. Somit: Normandie.
Luis: Auch die Normandie.
Nicolas: Dann sage ich also Genf (lacht). Sie lebten nicht lange dort, darum sagen sie alle Normandie.
Poesie oder Ironie?
Nicolas: Poesie
Florian: Komisch, ich hätte schwören können, du sagst Ironie.
Auf der Bühne oder im Studio?
Alle: Bühne!
Ein Instrument spielen oder singen?
Karim und Florian: Instrument spielen!
Karim: Beim Coaching fragte man uns, als Chor zu singen. Darauf meinte die Vocal Coaching nur: «Lassen wir das, ihr hört eure Stimmen selbst nicht».
Nicolas : Und danach ging er Kaffee holen (lacht).
Eine Fee oder ein Einhorn?
Alle: Einhorn
Luis: Flo ekelte mich mit Feen fürs ganze Leben.
Florian: Das geht nur uns etwas an!
Nicolas: Uns und die Zuschauer im ersten Rang des «Pieds Plats Festivals». Noch einmal: Wir entschuldigen uns bei den Zuschauern des Festivals Ende Juni 2015, es tut uns leid.
Die Bühnen der Romandie oder die Bühne des Eurovision Song Contest?
Nicolas: Die Bühnen der Romandie. Es gibt einen Unterschied zwischen mehreren Bühnen und einer Bühne. Da wir Bühnen mögen, möchten wir mehr auf ihnen stehen. Wir mögen mehrere Kleine als eine Grosse, nicht?
Conchita Wurst oder Loreen?
Alle: Conchita Wurst!
Was sind eure ersten Erinnerungen an den Eurovision Song Contest?
Luis: Für mich war es die Titelmelodie. Als ich klein war, verband ich das mit Skispringen. Ich dachte, es seien die olympischen Spiele. Erst mit 15 verstand ich es. Das Lied blieb mir.
Florian: Vielleicht ABBA.
Luis: Ah! Céline Dion, als sie die Schweiz vertrat.
Nicolas: Ich erinnere mich daran, dass ich Eurovision schaute, als ich klein war. Aber es blieb mir nichts Konkretes im Kopf.
Welchen Song oder Artist, der den ESC gewonnen hat, findet ihr am besten?
Florian: Wir sollten mal über Lordi sprechen …
Luis: ABBA waren nicht schlecht. Oder Frankreich, als sie mit Marie Myriam gewannen.
Nicolas: Etwas kürzer zurück sicher auch Lordi und Conchita Wurst.
Florian: Wir sind etwas aussergewöhnlich, darum gefallen uns vielleicht eher auch etwas Aussergewöhnliche.
Nicolas: Karim und ich sind Fans der Fatals Picards, das waren gute Verlierer. Ich fand ihr Lied genial.
Karim: Übrigens werden wir oft mit Fatals Picards verglichen, weil wir ganz ähnlich wie sie sind.
Kennt ihr die Namen der anderen 5 Finalisten?
Florian: Rykka, das ist eine! Ich kenne auch den Blonden, gut Frisierten, der Gitarre spielt.
Karim: Vincent Gross.
Nicolas: Bella C, das James-Bond-Girl.
Karim: Der Tessiner Theo.
Florian: Und der Afroamerikaner …
Karim: Miller!
Alle: Stanley Miller!
Was denkt ihr über sie?
Alle: (im Chor, einstudiert) Ich denke, alle haben eine Chance in diesem Wettbewerb, der eigentlich keiner ist. (lachen)
Wie bereitet ihr euch auf Kreuzlingen vor?
Florian: Choreographie, Choreographie, Choreographie (lacht).
Luis: Wir setzen alles auf unsere Choreographie!
Nicolas: Wir haben psychologische Begleitung! Professionelle, die sich Tag und Nacht um uns kümmern.
Karim: Am meisten Zeit wendeten wir dafür auf, zu diskutieren, was wir machen werden. Wir haben tagelang diskutiert. Auch ethische Fragen, als wir unseren Songtext ändern mussten (Anm. d. Red.: mehr erfahren). Auch Playback auf unseren Instrumenten zu spielen war ein Problem für uns. Wir diskutierten, wir stimmten ab. Natürlich sind auch Musik und Choreographie wichtig, aber viel mehr diskutieren wir ethische Fragen.
Welchen Cover-Song werdet ihr singen?
Nicolas: Wir dachten zuerst an die Nationalhymne auf Rätoromanisch. Das wurde abgelehnt. Es gibt eine Anti-Rätoromanisch-Lobby im OK. Nein, wir machten ein Brainstorming und kamen auf 5 Titel. 3 Wochen später wählte Pele Loriano, der musikalische Leiter, «Video Killed The Radio Star». Wir interpretieren den Song natürlich auf unsere Art und Weise. Aber darüber sagen wir nichts. Es gibt eine Überraschung!
«Video Killed The Radio Star» der Buggles ist der Cover-Song, den Kaceo am 13. Februar 2016 in Kreuzlingen an der Grossen Entscheidungsshow singen werden.
Warum sollten wir für euch voten?
Alle: (im Chor, einstudiert) Ich denke, alle haben eine Chance in diesem Wettbewerb, der eigentlich keiner ist. (lachen)
Stellen wir uns vor, ihr würdet die Schweiz in Stockholm repräsentieren: Was wären eure Ziele? An was sollten sich die Menschen erinnern?
Nicolas: Der Pluspunkt unserer Band: Wir sind eine kleine multikulturelle Schweiz. Wir kommen von überall her und sind in Genf daheim, einer sehr internationalen Stadt. Europa sollte doch eher eine multikulturelle Schweiz sehen als eine Schweiz wie am 9. Februar 2014. Das wäre viel schöner.
Florian: Ich möchte, dass man uns als eine Gruppe von lustigen Jungs in Erinnerung behält, die sich mit einem schwerwiegenden und aktuellen Thema befassten.
Was würdet ihr machen, wenn ihr den ESC gewinnen würdet?
Nicolas: Ähm, was kann man eigentlich gewinnen? Eine Trophäe? Ist sie schön?
Karim: Wenn wir gewinnen, geben wir unsere Trophäe an Stéphanie Palazzo.
Nicolas: Oh ist das schön!
Ihr habt einen Wunsch frei: Was wünscht ihr euch?
Nicolas: Einen gemeinsam?
Florian: Friede auf Erden?
Karim: Einhorn-Lasagne?
Luis: Das ist schwierig …
Nicolas: So sind wir halt. Ein Wunsch ist zu kompliziert. Wir nehmen ihn nicht.
Florian: Wir versteigern unseren Wunsch …
Merci Kaceo fürs Interview und viel Erfolg in Kreuzlingen!
Kaceo im Internet : Website von Kaceo, Kaceo auf Facebook, Kaceo auf Instagram
Kaceo ist auf My Eurovision Scoreboard leider auf dem letzten Platz mit 391 Punkten. (29.01.2016). Jetzt App downloaden und für sie voten!

Bild: www.kaceo.net
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