35 Songs sind mittlerweile auf der Song-Suche-Plattform srf.ch/esc eingereicht worden, darunter 10 Schweizer Songs. Was sind die Beweggründe von Schweizer Songschreibern, sich für den Eurovision Song Contest 2016 zu bewerben? douzepoints.ch hat ein Interview mit Mark geführt. Der 26-jährige Berner hat eine grosse Passion für Musik und eine starke Botschaft: Lebe dein Leben so, wie du es für richtig hältst.
Mark, was müssen wir unbedingt über dich wissen?
Dass ich wahnsinnig gerne Sushi esse! Nein Spass beiseite. Zu meiner Person: Ich bin 26, wohne in Bern, arbeite als Buchhalter. Und ich bin schwul. Und genau das ist in Bezug auf meine Teilnahme die wichtigste Info. Natürlich mache ich wahnsinnig gerne Musik.
Von was handelt dein Song? Was hat der Inhalt mit dir zu tun? Welche Botschaft willst du vermitteln?
Mein Song «My Own Song» handelt von mir. Von meiner nicht gerade einfachen Vergangenheit. Vom anders sein. Ich hatte keine leichte Kindheit. Insbesondere durch die Tatsache, dass ich schwul bin und man mir dies schon recht früh anmerkte. Mit meinem Lied will ich für die gesamte LGBT Community sprechen. Genauso wie für jeden anderen Menschen, der das Gefühl von Ausgrenzung kennt aufgrund von Aussehen, Religion oder Hautfarbe. Darum mein Aufruf: Kämpft für das Recht, das Leben zu führen, dass ihr wollt. Denn letztlich zählt das am meisten. Ich habe nicht aufgegeben und darum gekämpft, mich selbst sein zu dürfen. Ich habe mein eigenes Lied gefunden. Und nun will ich mit meinem Song anderen Menschen dabei helfen, ihr eigenes Lied zu finden.
Mark spricht über seinen Song «My Own Song» und die Bedeutung für ihn.
Welchen Bezug hast du zum ESC?
Ich bin mit dem ESC aufgewachsen. Er war bei uns zu Hause stehts Pflichtprogramm als ich noch jünger war. Es war immer wieder aufs Neue spannend zu sehen, wie die verschiedenen Länder gegeneinander antreten. Ich fand die Idee dahinter immer toll. Es gibt bis heute keine vergleichbare Show, welche die Menschen aus Europa jedes Jahr aufs Neue auf solch eine Art zusammenbringt, auch wenn es letztendlich ein Wettkampf ist. Der ESC verbindet. Und das finde ich super!
Und was ist deine erste Erinnerung an den Eurovision Song Contest?
Ich habe so viele Erinnerungen, dass ich gar nicht mehr weiss, welche die allererste war. Aber ich weiss die erste wirklich bleibende Erinnerung: Das war der Contest 2003 in Riga. Zu dieser Zeit war ich 14 Jahre alt. Da gewann Sertab Erener (nebenbei bemerkt ein toller Song, er ist bis heute Bestandteil meiner Musiksammlung auf meinem Handy). Und da stellte ich mir zum ersten Mal vor, was es für ein Wahnsinnsgefühl als Sänger sein muss, auf dieser Bühne zu stehen. Und ich sagte mir: Irgendwann will ich das auch machen. Und über 10 Jahre später versuche ich tatsächlich den Sprung auf diese Bühne zu schaffen. Alleine das ist ein enormes Gefühl!
Welches sind deine bisherigen Eurovision-Lieblingssongs?
Oh Gott! Wo soll ich da anfangen, es gibt so viele … Wirklich umgehauen hat mich Helena Paparizou mit ihrem Song «My Number One». Den Song habe ich einmal gehört und mich sofort in ihn verliebt. Da stimmt für mich wirklich alles. Die Beats, der Gesang, der Text. Zudem war der Auftritt einfach genial. Dann wäre noch die letztjährige Gewinnerin: Conchita mit «Rise Like A Phoenix». Dieser Song klingt nicht nur hammergut, Conchita hat auch ein Gefühl mit in den Song transportiert, das man mit Worten gar nicht beschreiben kann. Ich hab ihr diesen Sieg so sehr gewünscht. Und sie hat es gepackt – zurecht!
Mit einem Song am ESC teilzunehmen ist ein Abenteuer. Wann und warum hast du dich dafür entschieden?
Die Entscheidung dazu kam sehr spontan. Ich hatte ein sehr turbulentes Jahr, meiner Mutter geht es gesundheitlich nicht gut, sie hat seit Jahren Multiple Sklerose. Die Krankheit schreitet unaufhaltsam voran. Mein Vater ist auch nicht zu 100% fit, er hat seit Jahren Herzprobleme. Und irgendwie kam die Entscheidung für die Teilnahme, als ich diesen Sommer bei ihnen am Tisch sass. Ich sah die beiden an und mir wurde klar, wie wertvoll das Leben ist und dass man es in vollen Zügen auskosten muss. Ich habe schon lange mit dem Gedanken gespielt, einmal mitzumachen. In dem Moment dachte ich: Tu es jetzt, bevor du es auf einmal nicht mehr kannst! Und ab da ging alles ziemlich schnell … Innerhalb von ein paar Monaten entstand ein völlig neues Lied, mein erstes auf Englisch übrigens (ich schreibe Lieder sonst immer nur auf Hochdeutsch), dann war ich auch schon im Studio und jetzt bin ich hier und gebe ein Interview … Das Ganze ist irgendwie komisch, aber auch sehr spannend, und ich bin froh dass ich diesen Schritt nun endlich gewagt habe!
«My Own Song» des Berners Mark: «Lebe dein Leben so, wie du es für richtig hältst.»
Wie würdest du damit umgehen, wenn das Abenteuer bereits beim Internetvoting zu Ende wäre?
Es wäre natürlich schade, aber für mich absolut ok. Für mich ist das Wichtigste, dass ich den ersten Schritt gemacht habe. Und wie meine Arbeitskollegin neulich so schön sagte: «Unbekannter als jetzt kannst du gar nicht mehr werden». (lacht)
Dürfen wir wissen, was es für einen Zeitaufwand und finanziellen Aufwand bedeutet, einen Song zu schreiben und einzugeben? Wie bist du vorgegangen?
Nun, als erstes war für mich klar, einen Song zu schreiben. Dies war zu meiner Überraschung relativ einfach, denn ich hatte sofort eine Idee und eine Melodie im Kopf. Ich wusste dass ich über mich singen will, und das der Song eine Botschaft vermitteln soll. Nachdem der Song fertig geschrieben war, begann meine Suche nach einem passenden Produzenten. Dies wiederum ist gar nicht leicht, denn heutzutage kostet eine komplette Produktion inkl. Aufnahme im Studio mehrere tausend Franken. Und die hatte ich schlichtweg nicht. Umso erstaunter war ich, als ich durch Zufall auf die Seite von LuvaLuva Productions stiess. Ich nenne keine genaue Zahl, aber dort kostet eine Produktion im Vergleich zu anderen fast nichts, und dies bei gleicher Qualität. Raphael Kleindienst, welcher dieses Studio führt, war gleich von Anfang an Feuer und Flamme für meine Idee. Ich merkte bei ihm recht schnell, dass für ihn der Künstler und die Musik im Vordergrund stehen, und nicht der Profit. Er hatte von mir nur eine Gitarrenaufnahme und hat daraus innert Wochen ein komplettes nach meinen Wünschen gestaltetes Instrumental erschaffen. Dann kam die Aufnahme, ebenfalls in seinem Studio, und auch dort hatten wir riesigen Spass. Er ging stehts auf meine Wünsche ein, brachte aber selber viele tolle Inputs. Er hat einen tollen Job gemacht, und dafür möchte ich ihm von ganzem Herzen danken!
Angenommen du schaffst es: Was möchtest du als Vertreter für die Schweiz in Stockholm bewegen?
Ich möchte mit meinem Song Menschen dazu bewegen, endlich mit ihrem Schubladendenken aufzuhören und zu akzeptieren, dass sich unsere Welt im Wandel befindet. Ich will für Gleichheit kämpfen, nicht nur für die LGBT dieser Welt, auch für jeden anderen Menschen. Heutzutage gibt es in meinen Augen kein Richtig oder Falsch mehr wenn es um das Aussehen, den Intellekt, die sexuelle Orientierung, die Religion oder die Hautfarbe geht. Solange man sich respektiert, ist es jedem freigestellt welches Leben man führen möchte. Ich möchte, dass die Menschen endlich «akzeptieren», und nicht länger nur «tolerieren». Jeder ist auf seine Art besonders, jeder ist auf seine Art einzigartig. Es gibt kein besser oder schlechter, jeder soll sein Leben so führen wie er/sie es möchte. Und genau mit dieser Botschaft möchte ich nach Schweden.
Und nun den Werbespot in eigener Sache: Warum sollen wir gerade für dich abstimmen?
Meiner Meinung nach habe ich eine wichtige Botschaft und ich möchte diese sehr gerne nach Europa raustragen. Für mich steht nicht der Ruhm oder das Geld im Vordergrund. Als Beispiel: Sämtliche Erlöse meines Verkaufserlös von iTunes spende ich an Pink Cross. Wenn ich es mit meinem Auftritt in Stockholm schaffe, auch nur einen Menschen dazu zu bewegen, endlich seinem eigenen Lied zu folgen − sprich: sein Leben so zu leben, wie dieser Mensch es möchte, und nicht wie die Gesellschaft es ihm vorschreibt − dann habe ich gewonnen. Dann habe ich bereits alles geschafft, was ich schaffen wollte.
Mark auf Facebook, «My own Song» von Mark auf srf.ch/esc
Bild: Mark