Mélanie René und Musik – das ist seit jeher ein eingängiges Duo. Nun möchte sie für die Schweiz am Eurovision Song Contest glänzen. Mit ihrem Song «Time To Shine» hat sie es nach Kreuzlingen in die Entscheidungsshow geschafft. Doch wer ist Mélanie René? douzepoints.ch traf die ambitionierte Künstlerin in Lausanne.
Zuerst einmal: Glückwunsch zu deiner Qualifikation. Wie fühlst du dich eine Woche vor der Entscheidungsshow?
Es ist klar, ich bin etwas nervös, aber ich fühle mich glücklich. Und zuversichtlich. Jeden Tag sage ich mir: «Es kommt so, wie es kommen muss» und «Wir können nicht mehr als unser Bestes geben». Ich arbeite immer und immer wieder daran, dass ich am 31. Januar das Beste geben kann.
Welche drei Eigenschaften von dir würden deine Freunde hervorheben?
Also … perfektionistisch, auch wenn das einigen auf den Wecker gehen mag (lacht). Lebefrau. Und scheu. Das mag widersprüchlich klingen. Ich kann schüchtern sein, aber wehe, wenn ich jemanden gut kenne und aufdrehe …
Erzähl uns etwas über dich: Wie bist du zur Musik gekommen?
Ich sage immer, dass ich zur Musik kam wie Obélix in den Zaubertrank gefallen ist (lacht). Ich stamme aus einer sehr musikalischen Familie. Alle spielen ein Instrument und/oder singen. Meine Familie stammt aus Mauritius, so wurden mir verschiedene Musikrichtungen in die Wiege gelegt. Ich begann früh, meine Leidenschaft für Musik zu entwickeln. Meine ersten Schritte auf der Bühne machte ich mit 7 Jahren auf einer mauritischen Bühne in der Schweiz. Dort entdeckte ich das Vergnügen, meine Leidenschaft mit einem Publikum zu teilen. Mit 13 trat ich in die Schule «Ateliers du Funambule» in Nyon ein. Dort war Eliane Dambre (Anmerkung: ihre heutige Managerin) Direktorin. Ich habe gelernt, Songs zu schreiben, Klavier zu spielen und natürlich Musiktheorie. Sofort war mir klar: Diesen Beruf will ich ausüben.
Welches war dein erster Schritt in die Profimusik?
Mir wurde bewusst, dass ich Lieder komponieren und schreiben wollte. Daraus entstand der Song «Il chante avec les anges». Ich schrieb das Lied für meinen Grossvater, der verstorben ist. Der Text und die Musik entstanden aus meinen Gefühlen und meiner Trauer. Mit diesem Lied vertrat ich die Schweiz am Festival «Geoges Gregoriu» in Rumänien. Es war meine erste Erfahrung mit einem grossen internationalen Festival. Hinzu kam die Erfahrung mit dem rumänischen Fernsehen. All das hat mir das Bewusstsein geschärft, dass es viel braucht, um in diesem Metier zu bestehen. An diesem Punkt beschloss ich, nach England zu gehen, um an zwei Universitäten eine musikalische Ausbildung zu absolvieren.
Mélanie René beim Experten-Check am 7. Dezember 2014
Warum kommt nun der ESC in deiner Karriere?
Diesen Sommer spielte ich Eliane einige meiner Lieder vor. Sie hat sich sofort in das Lied «Time To Shine» verliebt. Eliane wollte es unbedingt für Eurovision auswählen. Und ich vertraute sofort auf ihr Gespür. Wir sandten den Song ein und ich bereue es keine Sekunde. Ich darf etwas Fantastisches erleben!
Von den 6 Finalisten bist du am wenigsten auf Social Media anzutreffen. Weshalb?
Das stimmt, ich war nicht sehr präsent auf Facebook. Ich hatte nicht wirklich viel den Leuten mitzuteilen. Weder Musik noch Videos von mir. Das Abenteuer Eurovision zwingt mich dazu, viel mehr zu tun. Dabei lerne ich auch. Ich mag es, das zu tun. Vor allem, weil ich dadurch Feedbacks erhalte von Personen, dir mir zuhören. Das ist wirklich toll!
Du gibst eine Dinner-Party. Welche 3 Gäste würdest du einladen, unter welchem Motto stünde die Party, was gibt es zu essen und welche Musik würde im Hintergrund laufen?
Ich würde Walt Disney einladen, er ist ein grosser Teil meiner Kindheit. Tim Burton, weil er mein Lieblingsregisseur ist. Und Mozart – dank ihm erhielt ich meine Matur! Ich hörte seine Musik während dem Lernen. Danke Mozart! (lacht) Das Motto wäre «Die Genies des Wahnsinns». Es gäbe mir die Möglichkeit zu fragen, woher ihre Inspiration kommt. Als Musik würde ich Electro-Swing wählen, insbesondere «Caravane Palace». Das würde perfekt zum Thema passen. Leider bin ich keine gute Köchin. Es gäbe Fingerfood und Leckereien in Gläsern. Zum Dessert würde ich einen Apfelkuchen backen – eines der Dinge, die ich wirklich kann (lacht).
Ich gebe dir nun immer zwei Begriffe, für einen musst du dich entscheiden: Mauritius oder Schweiz?
Da kann ich nicht wählen. In Mauritius habe ich meine Wurzeln, das ist meine Herkunft und meine Identität. Die Schweiz ist das Land, in dem ich geboren wurde, wo ich meine ersten Erfahrungen auf der Bühne machte, wo ich mich als Sängerin und Komponistin entdeckte. Ich wähle beide!
Fondue oder Raclette?
Raclette!
R’n’b oder Pop?
Pop’n’b! (lacht). Ich liebe den Mix aus verschiedenen Musikrichtungen. Das fällt ein wenig aus dem Rahmen.
Englisch oder Französisch?
Auch hier kann ich nicht wählen! Französisch ist meine Muttersprache. Und ich spreche Englisch seit ich 11 bin. Nach 4 Jahren in England muss ich zugeben, dass mir einige Wörter leichter auf Englisch in den Sinn kommen. Zuhause sprechen wir meistens Frenglisch (lacht).
Das internationale Festival «Georges Gregoriu» oder der Eurovision Song Contest?
Hoppla, eure Fragen sind schwierig! «Georges Gregoriu» war mein erster internationaler Wettbewerb. Diese Erinnerung ist tief in mir verankert. Aber Eurovision ist ein aussergewöhnliches Abenteuer. Ich nehme beide! (lacht)
SEBalter oder Anna Rossinelli?
Sie haben beide einen unterschiedlichen Stil und ich mochte beide Lieder. Ich habe eine leichte Präferenz für SEBalter.
Conchita Wurst oder Loreen?
Wieder eine schwierige Entscheidung! Ich mochte das Konzept der Conchita Wurst, ihre Stimme, ihre Kleidung und vor allem die Botschaft, die sie vermittelte. Und ich hatte ein grosses Herz für Loreen im Jahr 2012. Wie soll ich da zwischen den beiden Künstlern wählen?
Was ist deine erste Erinnerung an den Eurovision Song Contest?
Ich war bei meinen Cousins, weil meine Eltern keinen Fernseher hatten. Wir sassen auf dem Sofa, sahen die Show an und ich habe eine vage Erinnerung an ein mystisches Ambiente, eine Violine und eine speziellen Stimme. Ich erinnere mich auch an ein tiefblaues Dekor. Blau verbinde ich seit damals als Eurovisions-Farbe. Später erfuhr ich, dass Norwegen mit diesem Lied gewann (Anmerkung: «Nocturne» von Secret Garden im 1995).
Was hältst du von Conchita Wurst?
Zunächst einmal: Das «Konzept» war super. Ihre Stimme, ihr Lied, ihre Erscheinung und ihr Kleid. Ihr Auftreten verwirrt. Man sprach viel über die Teilnehmerin mit dem Bart im Vorfeld. Und die Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Ich kann nur applaudieren. Neben dem starken Lied transportiert Conchita eine wichtige Nachricht von Verschiedenheit und Toleranz.
Sprechen wir über dein Lied «Time to Shine» …
Meine Botschaft im Lied lautet, sich nicht von Angst lenken zu lassen und von Annahmen auszugehen. Man sollte sich besser die Zeit nehmen, auf die innere Stimme zu hören. Sie sagt uns, was richtig und was falsch ist. Als ich jung und schüchtern war, tappte ich oft in diese Falle. Ich getraute mich nicht, Nein zu sagen. Aus Angst, ich könnte nicht akzeptiert sein. Diese Nachricht geht an alle Leute wie mich und an andere, die nicht in der Lage sind, die Sonne hinter den Wolken wahrzunehmen.
Kennst du auch die 5 anderen Finalisten in Kreuzlingen? Was denkst du über ihre Songs?
Wir sind uns in Zürich begegnet, hatten aber nicht genügend Zeit, um wirklich zusammen zu sprechen. Ich bin überzeugt, dass alle ein hohes Niveau haben und die Auswahl nicht einfach fallen wird.
Und wie siehst du deine Chancen?
Nun, wie die 5 anderen! Alle hoffen auf ein Ticket nach Wien! (lacht)
Du singst auch «Chandelier» von Sia. Warum diese Wahl?
Als ich den Song zum ersten Mal hörte, schauderte es mich. Der Song hat mich sehr berührt. Indem ich den Titel singe, möchte ich meine Emotion mit dem Publikum und den Zuschauenden teilen.
Solltest du für die Schweiz nach Wien fahren, was wären deine Ziele? Deine Hoffnungen? Deine Erwartungen?
Sollte ich die Entscheidungsshow gewinnen, werde ich erstmal eine Flasche Champagner öffnen (lacht). Danach ginge es an die Planung, das Programm für die Gewinnerin oder den Gewinner ist dicht. Ich würde auf einer kleinen Wolke schweben und mit den Personen in meinem Umfeld arbeiten. Bis in Wien muss alles geformt und perfekt daherkommen. Ich werde weiter Songs schreiben und komponieren. Ebenfalls arbeite ich an einem Album. Und bestimmt stehen noch einige Konzerte an.
Danke Mélanie für dieses Interview. Wir wünschen dir das Beste für die Entscheidungsshow!
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Bild: Selfie von Mélanie René
Mélanie René in Lausanne – exklusiv für douzepoints.ch
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