Zürich Fernsehstudio, Sonntag, 7. Dezember 2014, Experten-Check, Runde 2 in der Schweizer Selektion für den Eurovision Song Contest 2015. 18 Kandidatinnen und Kandidaten präsentierten sich mit ihrem Eurovision-Song vor einer Fachjury. 6 von ihnen erhielten ein Ticket für die letzte Runde, die Entscheidungsshow in Kreuzlingen am 31. Januar 2015.
Nochmals zur Erinnerung: 9 Kandidaten aus der Deutschschweiz gingen für SRF und RTR ins Rennen vom Experten-Check. Aufgrund einer breiten Suche übers Internet wählten die Internet-User mit einem Voting und eine Jury diese aus 206 Einsendungen aus. Die Romandie (RTS) überliess die Auswahl einer Fachjury und bestimmte 6 Kandidatinnen und Kandidaten aus 24. Und das italienische Fernsehen RSI ging mit 3 Songs (aus 26) ins Rennen, die ebenfalls von einer Fachjury bestimmt wurden. Macht zusammengerechnet somit 18 Songs, die am 7. Dezember 2014 von einer Experten-Jury gehört, gesehen und gepunktet werden mussten. Und mittendrin im Publikum war douzepoints.ch.
Die Enttäuschungen
Glaubte man den Kommentaren im Internet, so war Arbresha mit «Same Stars» eine der heissen Anwärterinnen auf ein Ticket für die Entscheidungsshow in Kreuzlingen vom 31. Januar 2015. Leider sahen wir nicht die gleichen Sterne, ihre Live-Performane überzeugte nicht. Moderatorin Clarissa Tami wechselte rasch zum nächsten Song. Gleiche Aussage konnte man auch für Dahï machen. Sie war die einzige Romande aus dem Deutschschweizer Internet-Voting (wieso auch immer). Ihr Song in der Studioversion klang dynamisch und kraftvoll. Und auch die Live-Performance war verheissungsvoll: tolle Outfits, schöne Choreo. Aber: Es klang wie Katzenmusik, kein Ton wollte sitzen. Das musste weh tun in den Ohren der Experten-Jury. Ähnlich dürfte es den Experten bei Simon Hafner gegangen sein. Zweifelsohne: Er lieferte die schlechteste Performance des Abends ab. Angesichts der vielen Kandidaten, die erstaunlicherweise eliminiert wurden (vgl. Kommentar von douzepoints.ch), ein purer Affront. Der 20-Jährige lieferte während 3 Minuten eine Tortur ab, dies unter den Augen (und Ohren) seiner Gesanglehrerin. Kein Ton sass, am Ende versagte auch noch die Stimme. Auch wir waren sprachlos angesichts dieser katastrophalen Leistung. Und traurig für die zu unrecht Eliminierten.
Die Romandie und das Tessin überzeugten!
Es liegt viele viele Jahre zurück, seit die Romandie letztmals die Schweiz an einem Eurovision Song Contest vertrat. 1996 war dies mit Kathy Leander der Fall. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass in diesem Jahr die Romandie zum Zug kommt. Denn das Niveau der Songs aus der Romandie lag deutlich höher als jenes der übrigen Landesteile. Alenko überzeugte beispielsweise stimmlich und der Song «Vue d’en haut» beeindruckte durch seine Tiefe. Auch seine beiden Tänzerinnen passten dazu. Ein überzeugender Kandidat fürs Finale also. Auch Célia gefiel. Die erst 17-Jährige zeigte mit «Letter To Myself», welches Potenzial in ihr steckt. Beide mussten sich jedoch gegenüber zwei anderen Vertreterinnen aus der Romandie geschlagen geben.
Bravo Frauen!
Die Performance des Tages kam zweifelsohne von Licia Chery! Halbers krank vermochte die Genferin dennoch mit voller Energie Publikum und Jury zu überzeugen. Ja, sie blies uns weg! Eine unglaubliche Stimme, Charisma und eine tolle Choreographie von ihr und den 2 Tänzern und 2 Choristinnen. Ihr Song «Fly» hebte ab, hebte sich ab und liess uns abheben! Was will man mehr? Auch Mélanie René holte sich ihr Ticket in die Entscheidungsshow. Die Gewinnerin des rumänischen Festivals George Grigoriu im 2009 beeindruckte sehr und ihr kraftvolles Lied «Time To Shine» leuchtete hell. Auch im Tessin gewann Frauenpower. Deborah Bough heisst die offizielle Vertreterin des Tessins in Kreuzlingen. Mit viel Energie und einer hohen Professionalität konnte sich die Kandidatin von «The Voice of Switzerland» qualifizieren. Geht mit ihr nach Sinplus (2012), SEBalter (2014) wieder eine Künstlerin aus dem Tessin an den Eurovision Song Contest?
Und die Deutschschweiz
Es war keine Überraschung, dass Tiziana sich qualifizierte. Allerdings auch zurecht, wie wir eingestehen müssen (wir waren nicht unbedingt Fan von ihrem Song, aber angesichts dieses Teilnehmerfelds…). Die Gewinnerin von «The Voice of Switzerland» überzeugte mit ihrer soliden Stimmen. Das Lied «Only Human» selbst ist durch die Wiederholung des Titels (20x!) eher etwas langweilig, könnte aber als schöne Ballade in Wien funktionieren. Andy McSean war der Überraschungsact des Abends. Ursprünglich als Strassenmusiker unterwegs, überzeugte der St. Galler mit seinem Eurovision-Song «Hey Now». Catchy zu Beginn, mit der Zeit aber doch auch etwas wiederholend. Wir werden sehen, bis wohin es die Ostschweiz schafft. Anders der Song von Timebelle. «Singing About Love» gefiel einigen im Studio sehr, uns nur gerade gut. Vor allem fiel uns das extravagante Outfit auf. Etwas missfiel uns das anschliessende Interview. So verstand die Sängerin kein Wort Deutsch und sie betonte dies noch, indem sie sagte: «I don’t speak German at all, so you can say anything you want». Timebelle singen aber ganz sicher vorne mit in Kreuzlingen. Und wenns nach Wien geht, dann ist Timebelle auch vorne mit dabei beim Barbara-Dex-Award…
Die 6 Finalisten in der Reihenfolge ihrer Auftritte:
Die checkenden Experten:
- Rafael Antonio, Choreograph
- Freda Goodlett, Vocal Coach
- Moritz Faccin, Director Strategic Marketing Universal (für SRF)
- Catherine Colombara, Cheffe d’antenne Option Musique (für RTS)
- Nicola Locarnini, Musiker (für RSI)
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