Wenn man ehrlich ist, dann hat man es ja schon von lange her kommen sehen. Spätestens bei den ersten Proben wusste ich, dass es in diesem Jahr nicht fürs Finale reichen wird. Und es bleibt noch abzuwarten, auf welchem Rang wir im 2. Halbfinale schliesslich gelandet sind.
Ein grosses Lob. Und es gibt viel zu tun …
Doch Jammern bringt nichts. Ich will hier ganz klar sagen, was ich gut fand. Und was einfach Mist war. Mit dem Ziel, dass die Schweizer Delegation vielleicht etwas daraus lernen kann und wir uns qualifizieren. Und wenn sich durch meine Worte jemand in den Allerwertesten getreten fühlt, dann ist das für mich okay. Denn es gibt viel zu tun und verbessern kann man sich nur durch Kritik. Und wohlverstanden: Ich habe nichts gegen niemanden oder so …
Wo fangen wir an? Beim Vocal-Coaching. Hierfür gibts satte 12 Punkte. Seit dem Vorentscheid in Kreuzlingen hat sich Rykka gesangstechnisch gesteigert. Und zwar massiv. Gratulation an Tanja Dankner. Sie hat einen grossartigen Job gemacht. Am Gesang von Rykka hats nicht gelegen.
Kommen wir mal zur Choreographie. Sorry, geht gar nicht. Wenn DER Blogger William Lee Adams von Wiwibloggs im Interview mit douzepoints.ch von Pipi-Dance spricht, dann ist etwas krass in die Hosen gegangen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Bitte auswechseln.
Kostüm. OK, das geht wohl auf das Konto von Rykka und Lyn Lingerie. Diese Boutique aus Zürich hat in Rykka wohl das perfekte Modell gefunden. Nein, es wirkt einfach nicht. Es sieht nicht toll aus. Und hatten wir nicht in Kreuzlingen eine blonde Rykka mit einem weissen Kostüm? Andere Nationen machen es uns vor: Oft werden Stylings und Choreographie von den nationalen Vorentscheiden übernommen, da man sich ja bereits einiges überlegt hat. Und nicht zuletzt sagt doch das Schweizer Volk ja zu einem Gesamtpaket. Warum also noch alles auf den Kopf stellen? Hoffen wir, dass wir nicht noch den Barbara-Dex-Award für das schlechteste Outfit gewinnen.
Apropos Kopf: die Haare. Der Martin Dürrenmatt ist ein feiner Kerl. Und als 5-facher Coiffeur-Weltmeister sicher auch mehr als ein Profi. Und ich mag Leute, die überzeugt von ihrem Schaffen sind. Dennoch gibt es sowas wie eine Wirkung auf den Screens und bei den Zuschauern. Wenn man von Rykka als Clown spricht, dann stimmt einfach irgendetwas nicht. Von überzeugten Leuten erwarte ich dann auch offene Augen und Ohren für solche Kritik.
Gehen wir weiter zu Rykka selbst. Besagter William bezeichnet sie als eine «big mess». Das ist charmant gemeint. Und irgendwo im Kern hat er Recht. Rykka wirkt super auf einer Bühne vor 100 Leuten, auf der sie auf einem Trampolin springen und ihrer Energie freien Lauf lassen kann. Aber auf einer Eurovision-Bühne, auf der alles x-fach gleich ablaufen muss? In Interviews und auf den beiden offiziellen Medienterminen in Stockholm hat sie nicht brilliert. Man verzeiht es ihr aber. Insbesondere wenn man weiss, dass sie eine Vollblut-Musikerin, ja eine Künstlerin ist. Aber definitiv nicht eine Repräsentantin für die Schweiz. Eines soll festgehalten werden: Sie hat das Beste gegeben und alles gemacht. Congratulations to you!
Etwas bleibt mir aber noch stocksauer in Erinnerung. Die Pressekonferenz. Spulen wir zurück zur Frage an Rykka, wie sie abschneiden wird. Sie sagt: Sie mache alles, was sie beeinflussen kann. Der Rest liege in den Händen von andern. Neben ihr sitzen Head of Delegation und Pressesprecherin. Die Moderatorin öffnet die Frage, gibt sie an die Delegation weiter. Von dort: «no comment». Kein weiterer Kommentar zu dem.
Es gibt also viel zu tun fürs nächste Jahr. Ich gehe davon aus, dass die Schweiz wieder am Eurovision Song Contest teilnimmt. Und ich gehe davon aus, dass Reto Peritz, der neue Head Of Delegation, viele Ideen im Kopf hat, wie wir uns nächstes Jahr fürs Finale qualifizieren. Und das beginnt bereits mit der Art und Weise, wie wir eine Kandidatin oder einen Kandidaten auswählen. Ich habe grosse Erwartungen an ihn. Aber auch volles Vertrauen. Toi, toi, toi!
Bild: SRF
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