Nun ist es offiziell: Die Schweiz wird am Eurovision Song Contest 2018 in Portugal ins Rennen gehen. Das hat SRF heute bestätigt. Und dazu auch gewichtige Anpassungen im Auswahlverfahren vorgenommen. Wir haben euch die Neuerungen, den genauen Ablauf und Hintergrundinformationen direkt vom Schweizer Head of Delegation Reto Peritz.
Seit rund 1,5 Jahren ist er nun im Amt. Und bereits bringt er die 2. grosse Reform ins Schweizer Eurovision Reglement. Denn Reto Peritz will es wissen, hat ein grosses Ziel vor Augen: Ab ins Finale. Und deshalb sind die Erfahrungen aus den beiden letzten Teilnahmen und Austausch mit anderen Head of Delegations eingeflossen. Und nicht zuletzt Erkenntnisse aus dem Workshop mit den Schweden (douzepoints.ch berichtete). Und mit gutem Recht beinhaltet das Reglement auch viel Flexibilität für SRF. Denn nicht zuletzt muss SRF für den Erfolg sorgen und für den Misserfolg einstehen.
Mehr Möglichkeiten, mehr Spielraum
douzepoints.ch hat sich mit Reto Peritz über das neue Reglement unterhalten können. Vor allem 5 Neuerungen stechen ins Auge. Über was früher spekuliert wurde, wird im Reglement nun transparent gemacht: etwa Wildcards, die SRF vergeben kann. Aber mal der Reihe nach, was wirklich neu ist:
- Erst der Song, dann der passende Interpret. Damit wird sichergestellt, dass ein guter Song mit einem guten Text nicht rausfliegt bei der Jury, weil etwa die Stimme schlecht ist. Oder umgekehrt, eine gute Stimme verloren geht, weil der Song mittelmässig ist. Ziffer 25 im Reglement hält fest: «Es können auch Songs eingereicht werden, bei denen der Interpret noch nicht feststeht.» Oder: Interpreten können von SRF auch ausgewechselt werden. Dazu Peritz: «Die Schweiz ist ein kleines Land, gute Interpreten gibt es nicht beliebig viele und die Kombination von gutem Interpret mit gutem Song ist eine hohe Anforderung. Entsprechend haben wir mehr Möglichkeiten zum perfekten Song mit perfekter Stimme zu kommen. Und wir können Komponisten unterstützen, indem sie nicht von Beginn weg schon das perfekte Package abliefern müssen»
- Vorauswahl mit Publikum und ESC-Fans: Die Jury aus 20 Personen ist nicht mehr eine reine Fachjury aus Musikexperten. Zwar sind die in der Überzahl, aber es ist Peritz auch wichtig, dass mit Vertretern aus Publikum und ESC-Fans auch eine Art Soundingboard dabei und beurteilt, ob ein Song im Bauch stimmig ist und Eurovision-Potenzial hat.
- Internationale Fachjury: Die Macht des Publikums in der Entscheidungsshow wird auf 50 % beschränkt. Hinzu kommt eine internationale Fachjury, diese besteht pro Land aus mehreren Mitgliedern und hat ebenso 50 % Stimmenanteil. Die Anzahl Länder ist noch nicht festgelegt. Das ist ein Erfolgsrezept aus Schweden. «Der ESC ist ein internationaler Wettbewerb. Eine Schweizer Fachjury ist zu sehr von Schweizer Einflüssen geprägt», meint Peritz. «Die Einschätzungen von mehreren repräsentativen europäischen Ländern ist ein besserer Gradmesser für einen Schweizer Song, da es auch dem ESC-Voting-System entspricht».
- Wildcards: Mit Wildcards wird transparent gemacht, was bisher vielleicht auch schon Usus war. SRF kann die Fachjury überstimmen und von sich aus jemanden direkt ins Finale senden. Zum Beispiel, wenn SRF vom Potenzial eines Songs überzeugt ist. Oder sich eine einmalige Chance mit einem tollen Interpret ergibt.
- Keine Schweizer Klausel mehr: Während im letzten Jahr mindestens Komponist, Interpret oder Songwriter Schweizer Bürger oder in der Schweiz wohnhaft sein musste, so ist dies nun nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Reto Peritz betont aber: «Wir wünschen uns sehr, einen Schweizer Bezug zu haben – sowohl beim Song als auch beim Interpreten». Siehe Reglement Ziffern 19 und 30.
Kurzum: Das neue Auswahlverfahren bietet mehr Spielraum und damit mehr Chancen, mit einem perfekten Schweizer Beitrag ins Rennen zu gehen und sich dann auch fürs Finale zu qualifizieren. Wir finden die Anpassungen goldrichtig und freuen uns sehr darauf, endlich wieder ins Finale zu kommen :-) Alle Details auf srf.ch/eurovision
Das sind die 3 Etappen des Auswahlverfahrens mit den entsprechenden Daten:
- Einreichen der Songs: Vom 1. September 2017 bis zum 22. September 2017 um 08.00 Uhr sind Songwriter, Produzenten, Künstler und Texter eingeladen, ihre Songs auf einer Online-Plattform einzureichen.
- Bewertung durch Jury: Im Oktober 2017 werden die eingereichten, regelkonformen Songs durch eine Jury bewertet. Diese besteht aus 20 Mitgliedern aus Musik- und Medienschaffenden, ESC-Fans und Fernsehzuschauern. Es werden die Songs beurteilt. Die Interpreten, und damit die Stimmen der Songs, können von SRF aus Qualitätsgründen jederzeit ausgetauscht werden. Nach Rücksprache mit den Komponisten und Produzenten entscheidet abschliessend SRF, welche Interpreten welche Songs singen.
- ESC 2018 – Entscheidungsshow: Am Sonntag, 4. Februar 2018, geht auf SRF2 die Entscheidungsshow in Zürich über die Bühne. Es entscheiden zu 50 % das Fernsehpublikum via Televoting und zu 50 % eine internationale Fachjury, wer die Schweiz 2018 am «Eurovision Song Contest» in Portugal vertritt.
Und das ist das Reglement:
Bild: douzepoints.ch von der Schweizer Entscheidungsshow 2017
Dieser Beitrag ist auch verfügbar auf: Französisch