Das war längst überfällig: Die European Broadcast Union interveniert im Ukraine-Russland-Gate, siehe Hintergründe von douzepoints.ch. Und zwar in aller Deutlichkeit. Die Direktorin, die Schweizerin Ingrid Deltenre, höchstpersönlich hat den Brief zuhanden der ukrainischen Regierung unterzeichnet. Und sie droht mit Sanktionen.
Bisher war die European Broadcast Union nicht gerade bekannt für deutliche Worte. Eher Weichspüler-Diplomatie betrieb der Hauptsitz in Genf. Nun hat es wohl der Direktorin Ingrid Deltenre den Deckel gelüpft. Am 23. März 2017 verfasste sie einen Brief an die ukrainische Regierung. Die Echtheit wurde von beiden Seiten bestätigt. Damit übt sie massiven Druck auf die Ukraine aus. Denn bereits im letzten Jahr unterwies die EBU die Ukraine, dass alle Artisten und damit alle Länder am ESC in Kiew starten können müssen. Dass Russland mit der Selektion von Julia Samoylova wohl bewusst provozierte, kommt kaum zum Ausdruck und ist eher spekulativ (wobei dafür starke Indizien sprechen).
Mit Sanktionen gedroht
Dabei braucht Deltenre eine deutliche Sprache: Das Einreiseverbot für Samoylova sei nicht akzeptabel und die Ukraine müsse dafür sorgen, dass die Sängerin zu den gleichen Bedingungen wie die übrigen 42 teilnehmen kann. Sie fürchtet mit dem Ausschluss einen Präzedenzfall, der den ESC unweigerlich zu einem politischen Instrument macht. Sie forderte eine rasche Antwort und drohte – sollte keine befriedigende Lösung zustande kommen – mit dem Ausschluss der Ukraine vom Eurovision Song Contest. Sie wies auf den drohenden Imageschaden für die Ukraine, aber auch den ESC hin. Den Imageschaden verstärken könnte ebenfalls drohende Austritte von anderen Ländern, die mit dem Entscheid der Ukraine nicht einverstanden sind.


Antwort steht aus
Von der Ukraine gibt es im Moment noch keine offizielle Reaktion. Anscheinend wollte man bis 31. März 2017 eine Antwort an die EBU vorbereitet haben. Doch welche Möglichkeiten hat die Ukraine darauf reagieren? Die Regierung könnte das Einreiseverbot per Dekret ausser Kraft setzen. Wie dann aber Russland darauf reagieren wird, ist noch offen. Russland war weder an Besichtigungsterminen in der Stadt präsent noch hat die russische Delegation Unterkünfte gebucht. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Aber der Zug für eine Lösung ist nicht abgefahren. Es bleibt ein spannendes, ja hochpolitisches Thema im Vorfeld des Eurovision Song Contest 2017 in Kiew.
Bilder: Brief der EBU an die ukrainische Regierung